August 2010
Freiheit und Lenkung 1
Gute und schlechte Menschen
Wir alle kennen Menschen die von Geburt aus so agressiv, jähzornig und ungeschickt sind, dass sie kaum die Möglichkeit haben ein geregeltes Leben zu führen. Manche von ihnen werden straffällig. Die Moral sagt dann: „Dieser Mensch ist böse. Er ist verdorben. Er muss seiner gerechten Strafe zugeführt werden.“ Der Gerichtspsychologe sieht das anders. Er sagt: „dieser Mensch ist infolge seiner persönlichen Disposition kaum in der Lage anders zu handeln. Er ist höchstens ansatzweise schuldfähig.“
Wie sieht es mit gut und böse bei Tieren aus? Soll man dem Löwen den Hintern verhauen, weil er ein Zebra gerissen hat? Soll ein Krokodil am Galgen aufgehängt werden, weil es einen Schwimmer verspiesen hat? Wer sagt: „Der Löwe und das Krokodil sind böse Tiere,“ der macht sich lächerlich. Wer sagt: „Der Löwe und das Krokodil sind gefährliche Tiere,“ der hat recht. Der Löwe und das Krokodil brauchen keine Moral, sondern einen Lebensraum, in dem sie nicht allzuviel Unheil anrichten.
Wie Tiere verschieden sind, so sind auch Menschen verschieden. Wie Tiere zu akzeptieren sind wie sie sind, so sind auch Menschen zu akzeptieren. Es gibt grosse, kleine, ungeschickte und intelligente, mutige und ängstliche Menschen und Sie selber haben auch Ihren eigenen Charakter. Niemand hat das Recht zu sagen: Sie sollten jemand anderes sein. Sie haben das Recht der zu sein der Sie sind.
Jeder Mensch hat das Recht der zu sein der er ist
Mensch sein heisst Fehler machen. Das ist für Betroffene ein Problem. Es ist auch für die Gesellschaft ein Problem. Ein sehr schwieriger Mensch braucht einen Lebensraum in dem er sich akzeptiert fühlt, in dem er nicht allzuviel Unheil anrichten kann und in dem er auch lernen kann für sein Leben selber Verantwortung zu tragen. Wir müssen die Gesellschaft vor ihm schützen und ihn, dazu anleiten gesellschaftsfähiger zu werden. Dazu brauchen wir geeignete Gesetzte, Anordnungen und Massnahmen.
Wir alle kennen Leute die quer im Leben stehen und überall anecken. Möglicherweise sind sie auch roh, unverständig, oft schlecht gelaunt und überzeugt, dass sich die ganze Welt gegen sie verschworen hat. Vielleicht sind sie gewalttätig und gefährlich. Anerkennung finden sie kaum. Niemand möchte mit ihnen tauschen. Ihr ganzes Leben ist eine Katastrophe. Sie zu strafen macht keinen Sinn, denn sie sind schon damit, dass sie sind wie sie sind genug bestraft. Wenn auch die Nachbarn diese Menschen am liebsten in die Todeszelle schicken würden, so sehen das die Mütter der Schwerstkriminellen meist anders. Sie sehen ihre Kinder nicht nur als Kriminelle, sondern auch als Opfer ihrer tragischen Veranlagung. Damit haben sie meist auch recht.