Das ganze Leben
The entire life
La vie entière

November 2010

Freiheit und Lenkung 4
Der Ergebnis-bezogene Freiheitsentzug

Die Erziehung oder die Rechtsprechung müssen eingreifen, wenn Menschen problematisch werden. Dies nicht um zu bestrafen, sondern um die Gesellschaft zu schützen und Fehlbaren einen Rahmen zu zeigen, in dem sie sich persönlich entwickeln können.
Wie setzen wir Anreize, damit sich problematische Bürger zufriedenstellend integrieren? Was können wir zu ihrer Besserung tun? Können wir Sinn in ihr Leben bringen? Was können wir tun, damit sich Aufwand und Kosten für Lenkungsmassnahmen in Grenzen halten?

Der Ablauf einer Lenkung

Schon kleinere Delikte werden geahndet. Früh korrigieren wirkt am besten. Delinquenten bekommen je nach Sachlage eine Wiedergutmachung und ein Sozialtraining verordnet. Wenn eine Tat zum Gerichtsfall führt werden auch einschneidendere Massnahmen ausgesprochen.

Die untere Stufe der Lenkung

Grosse Verbrechen bedürfen der ersten Stufe der Lenkung. Wenn ein zu Lenkender sehr agressiv und gewalttätig ist und unfähig Verantwortung zu tragen, dann kommt er vorerst in Einzelverwahrung. Er muss durch professionelle Kräfte überwacht werden. Täglich soll er sich für einige Zeit in einem Gemeinschaftsraum aufhalten können, wo er andere Menschen sieht, die Hauptmahlzeit einnimmt, Körperübungen macht und Geschichten hört. Die soziale, psychische und medizinische Situation der Gelenkten wird periodisch geprüft. Mängel werden, in einem gewissen Rahmen therapiert. Verköstigung, Service und Geschichten erzählen erfolgen, soweit möglich, durch Gelenkte höherer Stufen. Diese können damit soziale Kompetenz trainieren und so der Gesellschaft etwas zurückgeben. Die unterste Stufe der Lenkung ist die freudloseste und teuerste. Es besteht ein allseitiges Interesse, hier niemanden unnötig lange einsitzen zu lassen. In der ersten Stufe gibt es keinen Urlaub für die Gelenkten und niemand wird aus der ersten Stufe direkt in die Freiheit entlassen. Wenn sich der Gelenkte in dieser Stufe bewährt hat, kann er sich an der nächsten Stufe versuchen.

Die zweite Stufe der Lenkung

Wer Eigenverantwortung beweist, wird täglich eine gewisse Zeit in einer Gruppe verbringen können. Kochen für die Gruppe und für Gelenkte der ersten Stufe, gemeinsam essen und die täglichen Arbeiten einteilen und ausführen, machen das Leben farbiger. Wer sich hier nicht bewährt und der Eigenverantwortung nicht gewachsen ist, wird zurück gestuft. Wer sich hier bewährt und kein bedeutendes Risiko darstellt, hat Chancen zu einem weiteren Aufstieg.

Die dritte Stufe der Lenkung

Dies ist die Reifestufe für die Freiheit. Ziel ist, die soziale Kompetenz zu festigen, die Fähigkeit für das Leben danach auszubauen und einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Eine Gelenktengruppe leistet auch Hilfe für ihre eigenen kranken, alten und gebrechlichen Menschen. In der dritten Lenkungsstufe wird Eigenwirtschaftlichkeit der gelenkten Gruppen angestrebt. Arbeiten für die öffentliche Hand sind erwünscht. In einem Alpenland kann das heissen: Im Sommer eine Alpwirtschaft betreiben, an Bächen und am Wegnetz Instandstellungsarbeiten ausführen, den Wald und die Landschaft pflegen und Lawinenverbauungen errichten. Umstufungen und Ämterrotation entwickeln die Fähigkeiten der Gelenkten. Vor der Entlassung soll sich der Klient als Arbeiter und Verantwortungsträger bewähren. Wer sich hier nicht bewährt wird wieder der zweiten Stufe der Lenkung zugeführt. Wer sich in der dritten Stufe bewährt hat und kein bedeutendes Risiko darstellt, hat Chancen in die offene Gesellschaft entlassen zu werden, wo er solange nötig, nachbetreut wird.

Längere Lenkungsdauer

Manche Personen können das Leben draussen nicht bewältigen, weil sie zu labil sind. Manche sind sozial weitgehend kompetent, aber auf Grund von fatalen Neigungen oder Abhängigkeiten nicht in der Lage, die volle Freiheit zu leben. Manche Gelenkte entscheiden sich freiwillig, in der halb freien Gesellschaft zu bleiben. Für diese lassen sich Lösungen finden, die eine länger andauernde Einbindung in eine Gemeinschaft ermöglichen.

Jugend

Es ist unüblich, dass jugendlichen Delinquenten die unterste Stufe der Lenkung verordnet wird. Die anderen Stufen der Lenkung sind aber für Jugendliche denen soziale Kompetenz mangelt durchaus sinnvoll. Bei Jugendlichen ist ein Teil der Beschäftigung Arbeit, ein Teil ist Schulung und Sport. Eine Nachbetreuung hilft mit, dass viele von ihnen zu einer besseren Lebensart finden.